Die Haushaltsrede: Seelze - Haushalt

  • Veröffentlicht am: 30. November 2017 - 20:55

Rede vom 30. November 2017 vor dem Rat der Stadt Seelze

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrter Herr BM,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Ratskolleginnen und –kollegen,

wie jedes Jahr liegen uns zwei umfangreiche Produkte der Stadt Seelze vor, das Produktbuch und der Haushaltsplan mit 700 Seiten, dazu eine umfangreiche Änderungsliste zum Haushalt mit rund 100 Punkten, in denen Veränderungswünsche von der Verwaltung und den Parteien enthalten sind, denn jetzt ist Gelegenheit, seine politischen Ideen in Geld zu gießen. Das gelingt nicht immer und wir haben ja beim Abbruch der Jamaika-Verhandlungen im Bund den Satz gehört:

Lieber nicht regieren als schlecht regieren.

Viele Anträge einiger Parteien erfüllen diese von der FDP aufgestellten Kriterien nicht, das betrifft auch Anträge von der FDP. Man kann ja sehr populistisch die Senkung der Gebühren für Kindergärten etc. fordern, ab Gebührenstufe 3 aufwärts um jeweils 20 %, Gebührenstufe 2 senken auf die Gebührenstufe 1. Aber die Gebührenstufe 1 für die Menschen mit dem geringsten Einkommen wollen Sie nicht kürzen. Nur die Menschen mit höherem Einkommen müssen weniger zahlen. Das ist eindeutig Klientelpolitik für die besser Verdienenden.

Es wäre daher besser gewesen, diese Anträge nicht zu stellen, als sie schlecht zu stellen.

Sie wissen aber doch auch, dass wir auf Grund der Vereinbarungen mit dem Land Niedersachsen zur Stabilisierungshilfe gar keine Ermäßigung verabschieden können, dann müssten wir nämlich evtl. die 22,5 Mio an das Land zurückzahlen.

Seelze steht vor großen finanziellen Herausforderungen. Die Veränderung der Schullandschaft mit dem Neubau von Ganztagsgrundschulen, der Brüder-Grimm-Schule in Letter, der IGS, dem Bau von Kitas und Krippen, das GBG, das Qualle-Bad, um nur einige Beispiele zu nennen, erfordern viele Zig-Millionen, die Seelze nicht hat und sich auf dem Kapitalmarkt besorgen muss und von der Kommunalaufsicht sich auch genehmigen lassen muss. Dazu kommen die Vereinbarungen zur Stabilisierungshilfe, die Seelze in ein finanzielles Korsett drängen.

Es liegen einige Anträge vor, Produkte zu wesentlichen Produkten zu machen. Es hat keinen Zweck, jetzt inflationär neue wesentliche Produkte zu beschließen, wir haben eine gute Auswahl bisher getroffen.

Es liegen mehrere Anträge zur Qualle vor und die Qualle hat den heutigen Tag als Tag der Entscheidung betitelt. Fakt ist: Das Qualle-Bad ist abgängig. Mit seinen rund 45 Jahren, es wurde 1972 als Schulschwimmhalle eröffnet, ist ein solches Bad in der Regel abgängig und nicht sanierbar, die Laufzeit ist abgelaufen. Seit ich in der Politik bin, also seit 11 Jahren steht die Qualle ständig auf der Tagesordnung. Die Stadt, die sich immer gegen eine Totalsanierung des Bades in einem Rutsch ausgesprochen hat, noch in der Ratssitzung des letzten Monats, und dies auch immer damit begründet hat, dass die Kommunalaufsicht das nicht mitmachen wird, sogar bei der Stabilisierungshilfe das Bad aufgeben wollte, schwenkt nun plötzlich um und will das Bad für rund 4 Mio in eins sanieren. Mit dem Meinungsumschwung der Stadt wird der Antrag von SPD/CDU aus der letzten Ratssitzung konterkariert, als nämlich beschlossen wurde, einen Arbeitskreis Zukunftsdialog Hallenbad Letter zu gründen, leider keinen Ergebnisoffenen Dialog. Es soll darüber nachgedacht werden, in welcher Form ein Bad betrieben werden kann, vielleicht als Genossenschaft. Dies ist aber nichts Neues, meine Damen und Herren Ratsmitglieder, schon vor 11 Jahren, als es um das Bad in Seelze ging, haben wir Grüne dies vorgeschlagen und Sie von der CDU erinnern sich sicher, dass u.a. Herr Roselt mit uns nach Nörten-Hardenberg gefahren ist, um das zu sehen.

Und, meine Damen und Herren: Wie kann ich denn über die Zukunft einer Sache vernünftig entscheiden, also nicht ergebnisoffen, wenn das Ergebnis nach Meinung von SPD und CDU schon feststeht. Ich muss aber das Für und Wider gegeneinander abwägen. Ich muss dabei auch nachprüfen, was z.B. eine Schülerbeförderung zu einem Bad kostet und nicht von vornherein das Wider unter den Teppich kehren. Ich baue doch auch kein großes Fußballstadion, ohne einen entsprechenden Fußballverein zu haben. Solange nicht feststeht, in welcher Form auch immer, und wer ein Bad betreiben soll, muss darüber gesprochen werden, wer es wie in welcher Form betreibt. Und dabei muss sich die Qualle auch bewegen, wenn sie es weiter betreiben will, sie kann nicht sagen, was wir aber hören, die Ratsmitglieder würden schon für den Fortbestand sorgen und sich nicht trauen, sich anders zu entscheiden.

Hier wird wieder einmal der 2. vor dem 1. Schritt getan. Wir Grünen warnen ausdrücklich davor.

Bei der Frage, wer betreibt das Bad, müssen wir uns erinnern, dass es sich um eine Schulschwimmhalle handelt. In Barsinghausen z.B. benötigt das Lehrschwimmbecken der Adolf-Grimme-Schule, zugegeben nur ein Lehrschwimmbecken wie ich in der letzten Woche in der Zeitung las, nur jährlich 15.000 EUR an Kosten der Stadt für einen Verein. Vielleicht sollten wir da einmal Kontakt aufnehmen und hören wie es geht.

Wie gesagt ist das Bad die Schulschwimmhalle des GBG. Dort im GBG sind nicht genug Räume vorhanden, schon jetzt gibt es Container und zur Schulzeit 2020/21 wird es keine Schulabgänger geben, weil dann die Schüler die 13. Klasse, also G9, weiter nutzen, aber ein neuer Jahrgang eingeschult wird. Das werden dann voraussichtlich 6 – 7 neue Klassen sein. Die Zukunft des GBG mit den Frage eines Anbaues – für die Planungen stehen 400.000 EUR bereit - könnte doch am besten mit der Zukunft der Qualle verknüpft werden. Es ist eine Schulschwimmhalle, erinnern wir uns daran. Beides sollten wir gemeinsam entscheiden und nicht wieder nur stückchenweise da, wo es brennt. Aber es brennt eben an verschiedenen Orten.

Erst wenn diese Fragen geklärt sind, kann über das weitere Verfahren zur Qualle und zum GBG entschieden werden. Deshalb ist eine gute Bestandsaufnahme und sich daraus ergebenen Fakten für die richtige Entscheidung für die Zukunft wichtig. Deshalb ist unsere jetzige Entscheidung kein Votum gegen das Bad sondern ein Votum für eine ergebnisoffene Diskussion aller Möglichkeiten und dem Aufzeigen des richtigen Weges für das GBG und die Qualle.

Die Kosten für die Sanierung von rund 4 Mio bezweifele ich, wenn ein Neubau 7 – 10 Mio kosten soll. Bei einer Sanierung treten unkalkulierbare Kosten auf und dann sind wir wieder einmal in der Situation – einmal angefangen, müssen wir eben weiter machen. Auch wenn es mehr als 4 Mio kostet. Das Gutachten, das allen Ratsmitgliedern vorliegt, sagt u.a. auch, dass beim Neubau

- die tragenden Konstruktionen eine höhere Lebenserwartung haben,

- Konstruktive Schwachstellen vermieden werden können und bei einem geringeren umbauten Raum Betriebskosten eingespart werden können,

- Ein Neubau sich energetisch leichter optimieren kann.

Lassen Sie uns erst unsere Hausaufgaben machen, ehe wir uns über eine Sanierung oder einen Neubau unterhalten.

Für alle Entscheidungen brauchen wir als Ratsmitglieder Unterlagen, aus denen sich ergibt, welche Kosten entstehen. Der Ausschuss für Ordnung und Soziales (AOS) tagt zur Zeit abwechselnd in verschiedenen Feuerwehrhäusern. Einige Feuerwehrhäuser sind auf Grund von Änderungen von Standards und Alter der Häuser nicht im besten Zustand. Deshalb haben wir ein Gutachten einer unabhängigen Gesellschaft beantragt, die deutschlandweit solche Gutachten macht. In der vorletzten Sitzung des AOS hat nun der 1. Stadtrat dazu ausgeführt, dass ein solches Gutachten zur Folge haben könnte, dass es dann für die Stadt teurer werden würde. Das lässt aufhorchen und könnte bedeuten, dass die Stadt die gesetzlichen Anforderungen an die Ausrüstung der Feuerwehr nicht rechtzeitig umsetzt. Gerade deshalb brauchen wir eine unabhängige Begutachtung und deshalb bitten wir Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Tun Sie dies aber nicht, so handeln Sie, meine Damen und Herren gegen die Interessen der Feuerwehr. Wir brauchen diese Entscheidungshilfe für unsere zukünftigen Entscheidungen, ohne gutachterliche Unterstützung sind wir als ehrenamtliche Ratsmitglieder aufgeschmissen. Deshalb der Appell an alle: Stimmen Sie diesem Antrag zu.

Wir haben einen gemeinsamen Antrag mit SPD, LINKE und FDP eingereicht für ein Friedhofsentwicklungskonzept. Auch hier soll wie bei der Feuerwehr ein erfahrenes Planungsbüro für den Stadtrat eine Entscheidungsgrundlage schaffen für eine nachhaltige und langfristige Entwicklung der Friedhöfe und Gebäude. Nur ein neutrales Planungsbüro kann ebenso wie bei unserem Feuerwehrantrag uns die notwendigen Kriterien liefern, die uns bei unserer Entscheidungsfindung helfen können. Stimmen Sie dem Antrag bitte zu.

Wir möchten auch eine Erhöhung der Stunden bei der Politesse b.z.w. eine neue Teilzeitstelle dafür. Zurzeit können Sie in Seelze parken, wo Sie wollen, ein Ticket gibt es nicht. Das wollen wir ändern.

Wir wollen auch einen mobilen Blitzer für Seelze. Die Vereinbarung mit Wennigsen ist gekündigt, so dass jetzt auch die Zeit da ist, dass insoweit etwas geschieht. Zurzeit sind noch die Raser im Vorteil bei nur 5 Tagen Messung im Monat. Es kann nicht sein, dass erst ein schwerer Unfall mit Menschenschäden geschehen sein muss, um sich einen Blitzer anzuschaffen. Ein Leserbrief in der Leine-Zeitung vom 17.11. war sehr aufschlussreich.

Stimmen Sie dem Antrag bitte zu.

Das Bürgerforum will das Jugendzentrum Letter schließen und die Öffnungszeiten der Stadtbibliothek durch Personaleinsparungen senken. Meine Herren vom Bürgerforum: Bildung ist ein ganz wichtiges Gut für jeden Bürger unserer Stadt, also auch für Sie. Sägen Sie sich und Ihren Kinder nicht den Ast ab, auf dem sie sitzen.

Gerade durch die Arbeit mit Kindern hat sich die Ausleihe erheblich erhöht, die Maßnahmen der Stadtbibliothek zeigen Wirkung. Auch Sie sollten das Angebot wahrnehmen, für 15 EUR im Jahr sich so viele Bücher wie möglich auszuleihen, Kinder zahlen nichts.

Ich habe für Sie daher eine Benutzungsordnung und einen Aufnahmeantrag mitgebracht, der Ihnen jetzt überreicht wird.

Denken Sie bitte immer daran: Lesen gefährdet die Dummheit.

Die LINKE hat beantragt, vier Ordnungskräfte einzustellen. Solange nicht feststeht, was die Leute machen sollen in welchen Stadtteilen und zu welchen Tageszeiten und kein genaues Tätigkeitsbild vorliegt, ist dies kein zustimmungswürdiger Antrag.

Dem Antrag der SPD, zu Sportler- und Ehrenamtsförderung den Ortsräten 5.000 EUR zur Verfügung zu stellen, können wir nicht zustimmen, da die Ortsräte bereits Mittel erhalten, mit denen Sie auch Vereine unterstützen und die Stadt macht bereits den Seelzer Dialog und zeichnet Ehrenamtliche aus.

Letzten Freitag kamen so viele Menschen wie nie zuvor zum Seelzer Lichtermeer. Jahr für Jahr nahm die Besucherzahl zu und Jahr für Jahr dasselbe Ärgernis: Die Hannoversche Straße blieb offen für den Autoverkehr. Trotzdem gab es einen Laternenumzug mit sehr sehr vielen Eltern mit Kind und Kegel auf der Straße bei fließendem Gegenverkehr. Die Polizei vorweg, dann Musik und Eltern und Kinder hinterher. Ein sehr langer Zug. Dass die Polizei da mitgemacht hat, hat mich gewundert. Ich sah Kinder, die nicht an der Hand Ihrer Eltern auf der Straße gingen. Dass da nichts passiert ist, ist fast ein Wunder. Herr Kögel hat in der Umschau vom 29.11, dazu geschrieben: „Okay, es ist glücklicherweise nichts passiert und man wird sicherlich aus diesen Vorkommnissen lernen.“ Er hat Recht damit.

Dass Kinder gern von einer auf die andere Seite der Straße laufen, weil es auch da etwas zu sehen gibt, ist auch klar. Deshalb haben wir den Antrag gestellt, die Kosten für die Sperrung von 3 – 4.000 EUR für das nächste Jahr einzustellen. Wer die Menschenmassen während und nach dem Feuerwerk gesehen hat, hat festgestellt, das ist wirklich ein Seelzer Fest und wird noch aufgewertet durch die Straßensperrung. Das hat man schon auf der Bremer Straße gesehen, die teilgesperrt war.

Stimmen Sie diesem Antrag bitte zu.

Sollten sie dies allerdings nicht tun, würde ich persönlich einen Betrag von 3.000 EUR dafür an die Stadt spenden, der wie ich hörte für eine Sperrung erforderlich ist.

Herrn Balzer und seinem Team mit Herrn Klingenberg an der Spitze danke ich für die Erstellung von Produktbuch und Haushaltsplan und für die schnelle schriftliche Beantwortung von Fragen.

Wir von den Grünen werden dem Haushalt zustimmen.

Knut Werner 30.11.2017